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Gegen welchen Lüfter soll ich den Lüfter im Netzteil austauschen?

Oliver Köster edited this page Feb 11, 2022 · 6 revisions

Die eigentliche Frage sollte lauten:

Soll ich den Lüfter in meinem Netzteil überhaupt tauschen?

Viele wünschen sich ein leiseres Netzteil in ihrem Anycubic Drucker. Wenn man bei Thingiverse nach Alternativen sucht, findet man sehr schnell verschiedene Mods, die es erlauben durch eine gedruckte Abdeckung voller Waben einen 92 oder gar 120mm Lüfter zu verbauen, der dann langsamer drehen kann und dadurch leiser ist.

Nur ist das auch sinnvoll?

Im Primärteil des Netzteils liegt per Definition noch keine "Hochspannung" an, sehr wohl jedoch eine sehr hohe Spannung von 230 Volt. Diese wird zwar schnell gleichgerichtet, aber dann in eine sehr viel höhere Frequenz wechselgerichtet.

Das ist auch das große Problem: Gleichspannungen von bis zu 120 Volt sind noch nicht lebensbedrohlich, können aber Verbrennungen verursachen. Wechselstrom hingegen ist ab 60 Volt tödlich, wenn dieser über das Herz fließt.

Aus diesem Grund befinden sich alle Bauteile, bis auf die Anschlussklemmen, innerhalb eines geerdeten Metallgehäuses.

Jetzt stellen wir uns vor, jemand bastelt sich ein Plastikgehäuse. Schutzleiter gibt es dadurch nicht mehr. Ein einfacher Draht vom Lüfter kommt durch die Waben an eine der Pole des Übertragers an der Primärseite oder nur an die Zuleitungsklemmen. Dann liegen bei Phase 230V gegen Masse an. Fasst man dann den Drucker an, oder fummelt am Mainboard herum, war's das. Der Mensch ist nämlich geerdet und das Herz gleicht sich nun an die Netzfrequenz von 50Hz an.

Ein Herz, das plötzlich mit 50 Schlägen pro Sekunde schlagen soll, wird vermutlich nicht mehr dazu kommen, den Körper mit Sauerstoff über das Blut zu versorgen. Muskeln, die durch die hohe Spannung krampfen, werden nicht mehr loslassen. Der FI (Fehlerstrom-Schutzschalter) löst in diesem Fall nicht aus!.

Wenn man jetzt sagt "Ja, aber der Wechselstrom wird doch sofort gleichgerichtet und ist somit nicht mehr schlimm". Ja. Kurz nach dem Eingang wird gleichgerichtet. Das ist richtig. Und dort kommen wir auf eine Gleichspannung von wenigstens 325 Volt die übrigens in den großen Kondensatoren am Eingang zwischengespeichert/gepuffert wird. Ob das wehtut? Ich möchte es nicht herausfinden.

Aber noch was anderes witziges kann passieren: Man verlegt ein paar Kabel etwas dumm durch's Gehäuse. Am Übertrager auf der Primärseite liegen mehrere Kilohertz(!) der besagten Wechselspannung an. Genauer sind es i.d.R. zwischen 35 und 500 kHz. Diese können, wenn man seine Kabel unglücklich verlegt, auch direkt in eine andere Leitung induziert werden. Hochfrequente Magnetfelder kommen nämlich mit kleinen Spulen recht gut klar. Besonders wenn die Sekundärspule weniger Windungen hat. Dann steigt die Spannung sogar noch weiter an.

Das ist völlig hypothetisch und selbst ich denke nicht, dass man das einfach so hinbekommt, aber theoretisch, kann man sich sogar über eine gewisse Distanz selbst rösten, wenn man sich nur dumm genug anstellt.

Und dann sehe ich Youtube-Videos in denen einige Menschen völlig unbedarft an Netzteilen schrauben, Metall durch Plastik tauschen, schnelle Lüfter mit Durchsatz durch SuperSilent PC Lüfter, die nur mal in der Luft rühren und behaupten dann, dass man hier "professionell modded". Bullshit. Man baut sich eine lebensgefährliche Fehlerquelle in seinen Drucker.

Und hey, man modifiziert mit einem 20-Euro-Lüfter ein 15-Euro-Netzteil, statt sich für 40 Euro ein Markennetzteil von Meanwell zu kaufen, welches einen temperaturgeregelten Lüfter hat und sowieso leise ist?

Ich fasse es nicht.

Und ich bleibe dabei: Finger weg von Netzteilen, wenn man nicht ganz genau weiß, was man da tut. Und wenn man so ein "Modding" macht, zeigt das, dass man nicht weiß, was man tut.

Wie sollte also ein Netzteil aussehen?

Die normalen gegengetakteten Schaltnetzteile, wie man sie auch im PC verbaut, haben ein möglichst geschlossenes Gehäuse, und nur an einigen Stellen kleine Lufteinlässe. Dadurch ist gewährleistet, dass:

  1. möglichst viel durch Metall abgedeckt ist, damit es elektromagnetisch geschirmt und gegen Fremdeingriff (Kabel/Finger) geschützt ist. Außerdem ist es so auch hitzebeständig und kann eventuelle Hotspots von passiv gekühlten Bauteilen an das Gehäuse ableiten, weil Metall natürlich besser Wärme leitet als Luft oder eben Plastik.

  2. Zieht der Lüfter die warme Luft aus dem Netzteil heraus. Vollkommen beabsichtigt, damit Frischluft durch die kleinen Öffnungen einstrahlen kann. Auch auf der Unterseite des PCB befinden sich Bauteile, die gekühlt werden müssen. Nicht nur die großen FETs am Ausgang, sondern auch alle anderen Bauteile, wie Eingangsdioden, Kondensatoren am Sekundärteil, PWM Controller etc. Das muss alles gekühlt werden.

Also auf die Frage, wie ein ideales Gehäuse aussieht:

  • Metall an allen 4 Seiten
  • Keine Öffnungen, durch die man Finger stecken kann
  • Lüfter zum Absaugen

Also so, wie man es kauft. Das hat alles schon einen Sinn.

Gibt es eine günstigere Alternative?

Meine Empfehlung, falls man unbedingt das alte Netzteil behalten will: Kauft euch einen neuen Lüfter, der einen ähnlichen Luftdurchsatz wie der Originale besitzt, aber dabei weniger laut ist. Eine klare Kaufempfehlung sind die MagLev Lüfter von Sunon, da diese günstig und zudem extrem lange haltbar sind. Dieser Sunon MagLev hier mit 60 Millimetern kann 1 zu 1 ausgetauscht werden und ist eine ganze Ecke leiser, als der alte Vibrationskünstler im Billignetzteil von Anycubic.

Meinetwegen könnt ihr machen was ihr wollt. Aber bitte hört auf, anderen Neulingen so einen Mod zu empfehlen.

Danke.